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Blicke ins Erdinnere
Die abenteuerliche „Reise zum Mittelpunkt der Erde“, die Jules Verne vor etwa eineinhalb Jahrhunderten beschrieb, wird zwar so nie realisierbar sein. Spannend bleibt geichwohl der „Blick in die Erde“, um ihren Aufbau und das fortwährende Geschehen in ihr zu erkunden, zu verstehen, zu nutzen. Geologen sind dafür Experten. Einer von ihnen gab kürzlich etwas von der Faszination seines Berufsstandes preis bei Besuchen einer zehnten Klasse und einer Kursstufe am Albert-Schweitzer-Gymnasium.
Mathias Faller ist Diplom-Geologe und offenbarte raunend das Geheimnisvolle, dem er und seinesgleichen auf der Spur sind: „Wir beleben Steine, sie können Geschichten erzählen!“ Das tat er dann in den beiden von Thomas Chatel geleiteten Geographie-Doppelstunden.
3,4 Milliarden Jahre
Wissenschaftlich fundiert und praktisch orientiert: Einen 3,4 Milliarden Jahre alten Stein ließ er von Hand zu Hand gehen. Kann der Mensch diese Zeitspanne überhaupt erfassen? Wer wüsste noch etwas von seinen Urgroßeltern zu berichten, deren Lebenskreis sich womöglich erst abzählbare Jahre vor der eigenen Geburt schloss? Und nun: Ein Vielfaches, Vielfaches, Vielfaches mehr an Zeit, die dieser Erdbrocken schon besteht!
Aus so alten Zeugen des Entstehens unseres Planeten Kenntnisse zu entlocken, begeistert Geologen. Was sich für die Jetztzeit daraus wissenschaftlich fundiert ableiten lässt, veranschaulichte Faller mit einem von ihm entwickelten Modell: Das „geowindow“ (www.geowindow.de) ermöglicht nicht nur den exemplarischen Blick auf übereinander liegende Erdschichten, sondern bietet Schülern auch Möglichkeiten eigenen Eingreifens.
Die Potenziale von Geothermie im Kontext regenerativer Energien und des Klimaschutzes zu reflektieren – so das von Chatel für diesen Unterricht definierte Thema – ließ sich so auch experimentell erfassen.
„In Systemen denken“
Deutlich wurde: Die Nutzung von Tiefenwärme ist besonders im Rheingraben interessant, wo sie sich effizienter gewinnen lässt als in anderen europäischen Regionen. Der Grund: Der geothermische Gradient liegt hier bei 4,5 statt durchschnittlich bei 3 ° C, d. h. die Temperatur nimmt je 100 Meter Tiefe rascher zu als andernorts. So wird Erdwärme-Nutzung einfacher, kostengünstiger – und sicher. (Der „Fall Staufen“, von Schülern angesprochen, hatte andere Ursachen und Rahmenbedingungen als in der von Faller angesprochenen Region.)
„Es gibt in der Geologie unheimlich viele spannende Prozesse“ – Fallers Aussage wurde erlebbar, gestaltbar, Begriffe wie Atmosphäre und Hydrosphäre, Lithosphäre und Pedosphäre blieben so nicht wenig oder unbekannte Begriffe, sondern wurden anschaulich. Auch deshalb, weil der Diplom-Geologe sichtbar machte, wie Sphären interagieren, mit dem Resümee: „Was wir in der einen ausführen, hat Auswirkungen auf die anderen. Wir müssen in Systemen denken, um Probleme zu erkennen und Lösungen zu finden.“ Herbert Geisler