in der Gemeinde Gundelfingen
Waldschutzkonzept
Gundelfingens besonderer Wald und sein Schutz
Der Wert des Waldes
Der Gemeindewald ist Gundelfingens wichtigstes Naherholungsgebiet. Insbesondere der untere Wald mit seinen malerischen Alteichen und mächtigen Buchen ist für die Bürger ein Stück Heimat und wichtiger Zugang zur Natur. Der Erhalt des Waldes mit seinem naturnahen Charakter ist vielen eine Herzensangelegenheit. Darüber hinaus ist der Gemeindewald von besonders hohem Wert für den Natur- und Artenschutz. Hier kommt neben vielen weiteren seltenen Arten die EU-rechtlich besonders geschützte Bechsteinfledermaus mit einer der größten bekannten Wochenstubenkolonien dieser Art vor.
Zum Schutz dieser Arten wurde das insgesamt 2.227 ha große FFH-Gebiet „Kandelwald, Rosskopf und Zartener Becken“ (https://www.gundelfingen.de/leben-wohnen/klima-naturschutz/natur-und-landschaft/schutzgebiete ) ausgewiesen, wovon 12,4 % (entspricht 276,2 ha) auf das Gemeindegebiet entfallen. Ausgewiesen wurden überwiegend Waldflächen, darunter Staats-, Privat- und Kommunalwald. Von größter Bedeutung für das FFH-Gebiet ist der Untere Gundelfinger Wald, wo sich auf 59 ha die Kernlebensstätten der Bechsteinfledermaus befinden. Dass Gundelfingen ein solches Juwel des Naturschutzes besitzt, ist dem seit langer Zeit bestehenden gemeinderätlichen Konsens zu danken, die Alteichenbestände im Unteren Wald unangetastet zu lassen.
Der Handlungsbedarf für Gundelfingen
Für FFH-Gebiete sind Managementpläne (MaP) mit Erhaltungs- und Entwicklungsmaßnahmen zu erarbeiten. Die Erhaltungs-Maßnahmen sind für Flächen in öffentlicher Hand bindend. Nach EU-Recht und Bundesnaturschutzgesetz gilt ein Verschlechterungsverbot für die in den Erhaltungszielen des Gebietes genannten Arten und Lebensräume, das bei jeglicher Planung und Nutzung zu befolgen ist. Für das FFH-Gebiet „Kandelwald, Rosskopf und Zartener Becken“ wurde der MaP Ende des Jahres 2020 fertiggestellt.
Bereits zu Beginn des Jahres 2020 wurde die neue Forsteinrichtung im Gemeindewald ausgearbeitet. Die Forsteinrichtung ist ein wichtiges Planungs- und Steuerungsinstrument in dem die forstlichen Maßnahmen der kommenden 10 Jahre, in enger Abstimmung mit dem Waldbesitzenden, dokumentiert werden. Unglücklicherweise konnte in die Forsteinrichtung die Maßnahmen des MaPs nur minimal aufgenommen werden, da diese zu dem Zeitpunkt noch nicht fertig waren. Dies hat zur Folge, dass aktuell jede Hiebsmaßnahme mit der unteren Naturschutzbehörde abgestimmt werden muss. Darüber hinaus kam es in der Vergangenheit zu unterschiedlichen Auslegungen des MaP, die zu Meinungsverschiedenheiten zwischen der Naturschutz- und der Forstseite führten.
Weiterhin sind im gesamten Gemeindewald die Lebensstätten aller nach dem BNatSchG streng geschützten Arten zu erhalten und ihre Störung oder Tötung ist verboten. Da dies im Rahmen der forstlichen Bewirtschaftung praktisch nicht einzuhalten ist, hat der Gesetzgeber die Möglichkeit eingeräumt, möglichen Beeinträchtigungen durch ein vorsorgendes Schutzkonzept zu begegnen. Das Land BW hat dazu ein Alt- und Totholzkonzept entwickelt, bei dem durch die Ausweisung von Habitatbaumgruppen und Waldrefugien Lebensstätten für die gefährdeten Arten bereitgestellt werden, damit die betroffenen Arten trotz versehentlicher Eingriffe in ihre Habitate in einen günstigen Erhaltungszustand verbleiben. Das Alt- und Totholzkonzept ist Bestandteil des vorliegenden Waldkonzeptes und damit dieses Beschlusses.
Über die Maßnahmen des Waldkonzeptes gemäß Anlage 1 besteht Konsens zwischen der unteren Forstbehörde, der unteren Naturschutzbehörde und dem mit der Konzepterstellung beauftragten Gutachter. Mit dem Beschluss des Waldkonzeptes wird Rechtssicherheit für die Gemeinde als Eigentümerin hergestellt und es werden im Interesse aller Beteiligten weitere aufwändige Abstimmungen zwischen Forst und Naturschutz minimiert.
Der Gemeinderatsbeschluss vom Mai 2024 war notwendige Voraussetzung zur Beantragung von Fördergeldern, bevor die zur Verfügung stehenden Fördermittel erschöpft sind. Auch für den Verkauf von Ökopunkten bestehen derzeit durch hohe Nachfrage und hohe Preise sehr gute Voraussetzungen.
Die Erstellung eines Waldkonzeptes für Gundelfingen
Die Gemeinde Gundelfingen ist verantwortlich für die Einhaltung der EU- und Bundesrechtlichen Verpflichtungen. Sie hat deshalb 2023 die Erstellung des Waldkonzeptes als Teil des Biodiversitäts-konzeptes beauftragt. Mit der Verabschiedung des Waldkonzeptes und dessen Umsetzung werden diese Verpflichtungen erfüllt und notwendige Absprachen werden auf ein Minimum reduziert.
Wegen der herausragenden Bedeutung des Waldes für die Biodiversität in Gundelfingen und des akuten Handlungsbedarfs wurde das Waldkonzept im Biodiversitätskonzept vorgezogen bearbeitet und wird hiermit vorab zum Beschluss vorgelegt. Es wurde in Abstimmung mit der unteren Naturschutzbehörde, vertreten durch den für Naturschutz im Wald und die Umsetzung des FFH-Managementplans zuständigen Mitarbeiter sowie der unteren Forstbehörde, vertreten durch die Revierleiterin und die für Biodiversität im Wald zuständige Mitarbeiterin erarbeitet. Das Waldkonzept konkretisiert die Erfordernisse und Möglichkeiten des Naturschutzes, unter Berücksichtigung der Anforderungen der forstlichen Nutzung, der Erholung und des Klimaschutzes. Integriert wurde das vom Forstamt bereits im Frühjahr 2023 erarbeitete Alt- und Totholzkonzept (AuT).
Kernpunkte des Waldkonzeptes für Gundelfingen
Die Maßnahmen des Gundelfinger Waldkonzeptes (Link zum PDF) sind zielgerichtet, so dass die Einhaltung der EU- und Bundesrechtlichen Verpflichtungen sichergestellt ist. Sie sind eindeutig, so dass künftig Missverständnisse über forstliche Maßnahmen und Abstimmungen im Einzelfall minimiert werden. Sie sind umfassend förderfähig, so dass Ertragseinbußen und Aufwendungen finanziell ausgeglichen und zusätzliche Mittel in erheblichem Umfang eingeworben werden können.
Die Waldfunktionen und Maßnahmen werden im Waldkonzept wie folgt differenziert: In den für den Natur- und Artenschutz wertvollsten Waldbereichen (WR, NFA) ist ein weitgehender Nutzungs-verzicht vorgesehen, während für Flächen mit hohem Entwicklungspotenzial in unterschiedlichem Umfang Pflegemaßnahmen v.a. zur Förderung der Traubeneiche festgesetzt werden (NFE, WU).
Als künftige Waldrefugien (WR) mit einem dauerhaften Nutzungsverzicht werden Waldlebens-raumtypen wie bachbegleitende Erlen-Eschenwälder, ältere Buchen-Tannenwälder, Waldflächen mit ausgewiesenen Waldbiotopen wie z.B. Teichen und Quellen und in einem Fall auch ein für den Artenschutz besonders wertvoller Eichen-Buchenbestand ausgewählt. Die bestehenden wertvollen Alteichenbestände werden als Naturschutzflächen mit aktuell hoher Bedeutung (NFA) ausgewiesen. Für eine dieser Flächen gilt eine Stilllegung auf 20 Jahre (wg. Förderprogramm, s.u.), in den übrigen wird die aktuell bewahrende Nutzung fortgeführt, um diese beeindruckenden Waldbestände möglichst lange zu erhalten. Zur Entwicklung zukünftiger wertvoller Eichenbestände werden Eichenbestände gezielt gefördert (NFE-Flächen).
Zum einen sind hier 70–110-jährige Bestände ausgewiesen, die bei entsprechender Förderung bereits in 10-30 Jahren wichtige Naturschutzfunktionen übernehmen können. Zum anderen werden 40–60-jährige Entwicklungsflächen ausgewiesen, die wie bisher auch weiterhin regelmäßiger Pflegeeingriffe bedürfen, damit sich hier starke Traubeneichen entwickeln können. Für die Verjüngung der Traubeneiche sieht das Waldkonzept eine Umwandlung von 40–60-jährigen Douglasien- und Roteichenbeständen im Unteren Wald vor, die in den nächsten 10-20 Jahren umgebaut werden können (WU-Flächen).
Das Waldkonzept sieht Maßnahmen auf einer Gesamtfläche von insgesamt etwa 81 Hektar vor, was der Hälfte der Fläche des 160 ha großen Gemeindewaldes entspricht. Dauerhaft oder temporär stillgelegt (WR, NFA) werden dabei nur ca. 49 ha, also ein knappes Drittel des Gemeindewaldes. Etwaige aus den Einschränkungen der forstlichen Nutzung resultierenden Mindererträge der gemeindlichen Waldbewirtschaftung können durch vielfältige Fördermöglichkeiten mehr als ausgeglichen werden.
Im gesamten bewirtschafteten Teil des Gemeindewaldes dienen zusätzlich räumlich verteilte Habitatbaumgruppen als Rückzugsgebiete für streng geschützte Arten (Erfordernis aus dem AuT). Der größte Anteil der Naturschutzmaßnahmen konzentriert sich räumlich auf den Walddistrikt Unterer Gundelfinger Wald. Die Brennholzgewinnung für Selbstwerber bleibt außerhalb der Stilllegungsflächen in allen Teilen des Waldes einschließlich des Unteren Waldes möglich, wenn auch der Umfang entsprechend geringer sein wird.
DieFörderung und Finanzierung
Für die Stilllegung von Flächen und für die naturschutzgerechte Pflege und Entwicklung von Eichenwaldbeständen können 40.000 Ökopunkte je ha angerechnet werden (Anlage 1, Nr. 10). Durch die Ausweisung von Waldrefugien auf einer Fläche von 27,1 ha können insgesamt – eine Anerkennung durch die Naturschutzbehörde vorausgesetzt – 1.084.000 Ökopunkte generiert werden. Zusätzlich können auf den vorgesehenen 32 ha Entwicklungs- und Waldumbauflächen, je nach dem Wert für den Naturschutz, der von der Naturschutzbehörde anerkannt wird, 10.000 bis 30.000 ÖP/ha angerechnet werden, insg. 320.000 bis 960.000 Ökopunkte.
Die Ökopunkte können im gemeindlichen bauleitplanerischen Ökokonto für Entwicklungsmaßnahmen in der Gemeinde vorgehalten werden. Derzeit gibt es in der Region jedoch einen erheblichen Bedarf an Ökopunkten, der sich auch im Preis niederschlägt. Es kann sich daher lohnen, einen Teil der erzielbaren Ökopunkte dem naturschutzrechtlichen Ökokonto des Landes gutzuschreiben und zu einem Preis von aktuell etwa 1,00 bis 1,50 € pro Ökopunkt zu veräußern.
Durch den Beschluss und die Umsetzung des Waldkonzeptes Gundelfingen sind die Voraussetzungen für die Beantragung der Bundesförderung Klimaangepasstes Waldmanagement für den Gemeindewald erfüllt. Die Förderung beträgt 16.000 €/Jahr bei einer Laufzeit von 20 Jahren. Da die Mittel begrenzt sind und nach dem Eingang der Antragstellung bewilligt werden ist eine zügige Beantragung zu empfehlen.
Über die genannten Förderungen hinaus können Mittel aus Artenschutzprogrammen des Landes BW sowie aus dem nationalen Artenhilfsprogramm voraussichtlich noch in diesem Jahr beantragt werden (Anlage 1 Nr. 12).
In Summe übersteigen die möglichen Fördermittel für die Naturschutzflächen deutlich den Netto-Holzertrag, der auf derselben Fläche in einem Jahrhundert erzielbar wäre.
Fazit und Beschluss des Gemeinderates vom Mai 2024
Der Gemeinderat beschloss noch so kurz vor der Wahl ein bahnbrechendes Schutzkonzept, das von Seitens des Forts und des Naturschutzes zu klaren Regeln und Rechtssicherheit führt und kooperativ erarbeitet und durchdacht ist. Der Gemeinde als Eigentümerin ermöglicht es, klare, verbindliche Handlungsleitlinien an die Waldbewirtschaftung durch das Forstamt vorzugeben. Durch das Konzept werden neben der Naturschutzfunktion auch die Erholungs- und Klimaschutzfunktion des Waldes gestärkt. Die Verwaltung wurde durch den positivem Beschluss im Mai damit beauftragt, entsprechende Schritte zur Umsetzung der beschlossenen Maßnahmen anzugehen, entsprechende Anerkennung der Maßnahmen für Ökopunkte zu beantragen sowie die Förderanträge an entsprechenden Stellen zu stellen.
Das Waldschutzkonzept zum Download finden Sie hier.